Überdenkensverfahren bei mündlichen Prüfungen

Mit Urteil vom 10.04.2019 hat das Bundesverwaltungsgericht einer Klage stattgegeben, mit der der Anspruch auf erneute Zulassung zu einer Prüfung geltend gemacht wurde.

Aufgrund des Gesetzesvorbehaltes des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Regelungen über das Verfahren der Bewertung der Prüfungsleistungen, die Bestehensvoraussetzungen und die Notenvergabe rechtssatzmäßig, d. h. für Staatsprüfungen in einer Rechtsverordnung, für Hochschulprüfungen in einer Satzung der Hochschule, festgelegt werden. Soweit an einer Prüfung mehrere Prüfer mitwirken, bedürfe es der rechtssatzmäßigen Festlegung der Zahl der Prüfer und der Regelungen zur Notenfestsetzung bei Bewertungsdifferenzen.

Ein Überdenkensverfahren sei auch dann durchzuführen, wenn die Prüfer die Bewertung der Leistungen in einer mündlichen Prüfung zuvor schriftlich begründet hätten. Die Begründung ziele auf die Information des Prüflings ab, um konkrete Einwendungen gegen die Bewertung vorbringen zu können. Das Überdenkensverfahren eröffne den Prüfern innerhalb des ihnen zustehenden prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraums die Möglichkeit, die frühere Bewertung in fachlicher Hinsicht und in Bezug auf die prüfungsspezifischen Wertungen anhand der substantiiert erhobenen Einwendungen zu überdenken. Sei das Verfahren nicht durchgeführt, liege ein beachtlicher Verfahrensfehler vor.

Ließe sich der Verfahrensfehler nicht mehr beheben, was bei mündlichen Prüfungen nach gewisser Zeit der Fall sei, müsse die Prüfungsentscheidung aufgehoben und dem Prüfling die Möglichkeit eingeräumt werden, die Prüfungsleistung erneut zu erbringen.